CULTIVATE@SCALE: Kulturtransformation in der gesamten Organisation

Vor kurzem haben wir mit CULTIVATE! ein Framework vorgestellt, das sich bei der Kulturtransformation auf die Keimzellen einer Organisation fokussiert: auf einzelne Teams. Dieser Ansatz eignet sich gut, in einer Organisation eine Kulturtransformation zu starten – etwa mit einem Pilotteam oder an neuralgischen Punkten. Möchte jedoch eine Organisationseinheit oder ein ganzes Unternehmen „im größeren Stil“ eine Kulturtransformation avisieren, so benötigt es eine verlässliche Transformationsarchitektur, die CULTIVATE! über die Teamebene hinaus stabilisieren und orchestrieren kann.

Mit CULTIVATE@SCALE möchten wir drei Prinzipien und drei Rollen vorstellen, die aus unserer Sicht essentiell notwendig sind, um ausgehend von CULTIVATE!  eine umfassende Kulturtransformation in mehreren Gruppen und Teams und auf mehreren Ebenen gleichzeitig möglich zu machen (falls noch nicht geschehen, empfehlen wir vor dem Weiterlesen eine Lektüre unseres CULTIVATE!-Beitrags):

Prinzip 1: Transparenz

Alle Teams machen ihren Prozess der Kulturtransformation (möglichst) transparent. Dies betrifft insbesondere die Culture Transformation und Culture Sprint Backlogs. Nur so können Synergieeffekte generiert, organisationsweite Hürden identifiziert und die Transformation der gesamten Organisationskultur gemeinschaftlich gesteuert werden. 

Prinzip 2: Meetingroutinen

In den Sprint-Meetings der Transformation werden die Schritte PlanningReview und Retrospective abgebildet. Diese Meetings sind verbindlich und erfolgen in der vorgegebenen Taktung. Die Pflege der transparenten Backlogs erhöht die Verbindlichkeit auf allen Ebenen.

Prinzip 3: Cadence

Die Transformationsprozesse der unterschiedlichen Ebenen sollten synchron laufen und in einheitlicher Schrittfrequenz geschehen. Das heißt, die Teams „schwingen“ in ihren Culture Sprints in der ganzen Organisation im gleichen Rhythmus. Sie starten und beenden im gleichen Zeitraum ihre Culture Sprints und halten die entsprechenden Meetings möglichst parallel ab. Nur so kann die Transformation über die Teams hinweg gesteuert werden, ohne das die agile Sprintlogik auf Teamebene und die Autonomie der Teams in den Sprints angegriffen wird. 

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Rolle 1: TeamCultivator als Repräsentant

Die beteiligten Teams werden von der Rolle TeamCultivator in ihrer Transformation begleitet. Zusätzlich zu den Verantwortlichkeiten innerhalb des eigenen Teamprozesses (Cultivate!) übernimmt die Rolle TeamCultivator im erweiterten CULTIVA@SCALE-Framework noch die Verantwortung, das Team im Kontakt mit dem TrafoTeam (s.u.) zu repräsentieren und die Interessen und Belange der Gruppe auf den notwendigen Plattformen zu vertreten. Wie schon bei Cultivate! beschrieben: Dies heißt nicht, dass die Rolle TeamCultivator von einer Person allen okkupiert wird. Es können sich auch mehrere Teammitglieder die (Repräsentanten-)Rolle teilen oder rollierend besetzen. 

Rolle 2: TrafoTeam

Um alle Culture Sprints in den Teams zu harmonisieren und die gesamte Transformation zu koordinieren, braucht es eine übergeordnete, kollektiv verantwortete Rolle, die den ganzheitlichen Blick behält. An anderer Stelle haben wir bereits das TrafoTeam als selbstorganisiertes Team vorgestellt, das diese komplexe Rolle gemeinschaftlich übernehmen kann. Das TrafoTeam bündelt alle Perspektiven und Kompetenzen, die für die Koordination, Steuerung und Beratung des Transformationsprozesses notwendig sind. Es schwingt im Rhythmus mit den anderen Teams. Seine Meetings sind jedoch so terminiert, dass eine angemessene Reaktionsfähigkeit ermöglicht wird. Das TrafoTeam holt als übergeordnete Instanz optimalerweise nach den Reviews und Retrospektiven der Teams über die TeamCultivators Resonanz über den Status der Gesamttransformation ein. Und idealerweise steuert es (wieder über die TeamCultivatorsvor den Sprint Plannings notwendige Impulse in die Teams ein. Das TrafoTeam hat ebenfalls das Mandat, Gesamtarchitektur, Strukturen, Rollen, Prinzipien, Regeln etc. anzupassen (Governance). Die Mitglieder des TrafoTeams verantworten möglichst autonom ihren Verantwortungsbereich und entscheiden nach welchen Prinzipien und Ansätzen sie steuernd eingreifen, um die avisierte Kulturtransformation ganzheitlich zu gestalten. Ihr Auftrag ist es jedoch, die Autonomie der einzelnen Ebenen und Teams so wenig wie möglich einzuschränken. Eine gute Möglichkeit, mit dem sich das TrafoTeam selbst steuern kann, ist das von uns entwickelte Transformation Canvas, das wir bereits an anderer Stelle vorgestellt haben.

Rolle 3: OrgCultivator 

Innerhalb des TrafoTeams übernimmt die Rolle OrgCultivator die Verantwortungsbereiche, die auf Teamebene der TeamCultivator trägt. Er trägt darüber hinaus Sorge, dass das Transformationsteam alle gerade beschriebenen Verantwortungsbereiche tatsächlich ausfüllt und die Designprinzipien der Transformation einhält.

Diese Prinzipien und Rollen sind aus unserer Sicht verbindlich für den Aufbau einer CULTIVATE@SCALE-Architektur. In jeder Organisation müssen jedoch noch individuell weitere Punkte geklärt werden, die sich nur schwer standardisieren lassen. Zum Beispiel kann es bei sehr großen Unternehmen Sinn machen, über mehr als eine Ebene zu skalieren. D.h. es gibt dann mehrere TrafoTeams, die von einem übergeordneten „Super-TrafoTeam“ koordiniert werden.

Auch über den leitenden Transformationsansatz sollte individuell und auch passend zum Kulturprofil der Gesamtorganisation entschieden werden. So kann es zum Beispiel Sinn machen, dass vom TrafoTeam (und nicht von jedem einzelnen Team) für das gesamte Unternehmen ein verbindliches Culture Transformation Backlog erstellt wird, und die Teams „nur“ auswählen, welche der vorgegebenen Seeds sie zu welchem Zeitpunkt in den Culture Sprintnehmen möchten (vgl. Gardening-Ansatz). Man kann sogar noch weiter standardisieren, indem alle Teams konzertiert aber selbstorganisiert zur gleichen Zeit die gleichen Seeds implementieren (vgl. Farming-Ansatz). In anderen Unternehmen bietet es sich vielleicht eher an, mit einzelnen Pilotteams zu starten und die Transformation in die Organisation Schritt für Schritt ins Unternehmen hineinwuchern zu lassen (vgl. Pioneering-Ansatz im bereits beschriebenen Culture Transformation Design)…

Mit CULTIVATE! als Format für die Teams als energetische Keimzellen, CULTIVATE@SCALE als Rahmenhaltung für große Einheiten und Organisationen und dem Culture Transformation Design-Baukasten  möchten wir pragmatische Frameworks anbieten, mit denen das hochkomplexe Thema Kulturtransformation kompakt geplant und präzise angegangen werden kann. Wir wünschen bei der Nutzung viel Freude und Erfolg und freuen uns über Feedback und Erfahrungsaustauch! 

Christian Fust und Johannes Ries