Fokussierte Steuerung: Meetingformate und -rollen

In Transformationsprojekten haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Veränderung der Meetingkultur als erster Prototyp einen wirksamen Hebel für die Agilisierung der gesamten Organisationskultur darstellen kann – ganz im Sinne eines Farming- bzw. Gardening-Ansatzes, wie wir ihn in in unserem Beitrag zum Culture Transformation Design angerissen haben.

Warum ist das Element „Meeting“ ein relevanter Mikrokosmos der agilen Transformation? Welche Implikationen hat dieser Wandel auf den Rest der Organisation? Und warum ist dieser Wirkungsgrad oftmals viel umfangreicher als erwartet?

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um in unsicherer Zeiten handlungsfähig zu bleiben, ist Fokussierung. Was nehmen wir als Organisation, Gruppen und Personen in den Blick? Worauf richten wir unsere Scheinwerfer und damit einhergehend unsere Aufmerksamkeit, Energien und Ressourcen? Dieser Scheinwerfer müssen kurzfristig immer wieder neu ausgerichtet werden.

Darüber hinaus schafft die agile Organisation neue Steuerungslogiken. Es werden neue Rollen und Gruppen etabliert, die mit hoher Autonomie richtungsweisend in die Prozesse des Unternehmens eingreifen, es entsprechend steuern und damit reaktionsfähiger machen. Diese Gruppen sind je nach Bedarf und Themenbereich immer wieder neu zusammengestellt.

Auf den unterschiedlichen Ebenen und in allen Themenfeldern soll die Schwarmintelligenz der Organisation genutzt werden. Damit muss das Zusammenwirken der Menschen in Bezug auf Abstimmung, Synchronisation und kollektive Entscheidungsfindung bestmöglich organisiert sein.

Diese drei Faktoren machen eine Veränderung der Meetingkultur und der bestehenden Strukturen notwendig. Die klassischen Formate der Regelkommunikation sind überlastet und mit Themen und Teilnehmern überfrachtet.

Es haben sich daher in agilen Organisationen Meetingformate herauskristallisiert, die die Effizienz von Meetings steigern,  die notwendige Fokussierung unterstützen und den unterschiedlichen Steuerungshierarchien angemessene Plattformen liefern. Darüber hinaus haben sich entsprechend der agilen Prinzipien auch Abläufe und Rollen etabliert, die Meetings leichter gelingen lassen und die Verantwortung für dieses Gelingen auf mehrere Schultern verteilt.

 

Meetingformate

Entsprechend der Anforderung, die das Unternehmen an die Teilnehmer stellt, lassen sich folgende Meetingformate unterscheiden:

  • Operational
    Dieses Meeting stellt kurzfristig die Arbeitsfähigkeit der Beteiligten sicher. Es klärt die Fragen nach gestern, heute, den möglichen Hürden und der notwendigen Unterstützung um die operativen Themen (das Tagesgeschäft) voranzubringen.
  • Synchro
    Dieses Meeting dient ausschließlich der Informationsweitergabe an andere Beteiligte in einem gemeinsamen Arbeitsprozess. Die Information sollte maximal verdichtet sein und unbedingt auf Notwendigkeit und Mehrwert für die Anwesenden geprüft werden. Das Meeting kann eine sinnvolle Ergänzung zu digitalen Sharepoints sein.
  • Strategical
    Dieses Meeting dient der Klärung der längerfristigen Ausrichtung und Orientierung des Unternehmens bzw. Teams. Es werden Zukunftsszenarien ausgetauscht, entworfen und diskutiert. Die längerfristige Strategie oder Ausrichtung des Unternehmens wird gegebenenfalls angepasst.
  • Performance
    Dieses Meeting fokussiert auf die Ergebnisse und die Performance der Organisation. Entsprechende Daten werden ausgetauscht und es werden Ableitungen daraus diskutiert und beschlossen.
  • Collaboration
    Dieses Meeting fokussiert auf die Art und Weise der Zusammenarbeit. Die ways of working werden daraus abgeleitet, entsprechend der Kompetenzen und Präferenzen der Teilnehmer angepasst und weiterentwickelt. In regelmäßigen Abständen sollte es ausführlichere Collaboration-Mettings geben, in denen auftretende (auch größere) Spannungen artikuliert und bearbeitet werden können. Für diese findet sich im Alltag erfahrungsgemäß kein passender Raum.
  • Governance
    In diesem Meeting wird die Funktionalität und der Reifegrad der neuen Prinzipien, Regeln, Meetings, Rollen und Kreise in den Fokus genommen. Es werden notwendige Optimierungen diskutiert und beschlossen.

Entsprechend des Fokus des jeweiligen Meetings werden konsequent nur die Personen und Rolleninhaber eingeladen, die für die Zielsetzung unbedingt notwendig sind. Eine Abweichung von diesem Prinzip sollte im Check-in, im Review oder in der Retrospektive  (s. Routinen) unmittelbar angesprochen werden. Zudem werden Raum, Form (z.B. als Stand-up) und Zeit adäquat gewählt. Es gilt die Formel: So kurz wie möglich und eng „getimeboxt“. In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, bestehende Regelkommunikationen zu nutzen und die zur Verfügung stehende Gesamtzeit in unterschiedliche Formate zu unterteilen.

 

Meetingrollen

Basis dieser Effizienzsteigerung ist die Etablierung von Rollen, die in jedem Meeting von Personen übernommen werden müssen. Diese Rollenvergabe erfolgt dauerhaft aufgrund von Präferenzen oder Kompetenzen oder erfolgt rollierend. Bewährte Meetingrollen sind dabei:

  • Host/Gastgeber
    – 
    Einladung der Teilnehmer
    – 
    Raumbuchung und Ausstattung
    – 
    Agenda
  • Moderator
    – Moderation des Meetings
    – Sicherstellung einer wertschätzenden und konstruktiven Arbeitsatmosphäre
  • Timekeeper
    – Hinweise auf Zeit und Restzeit geben
    – Unterstützung des Moderators zur Sicherstellung der Agenda
  • Dokumentar
    – Aufnahme der Ergebnisse
    – Verteilung der Ergebnisse (jeweils nach Abstimmung und Bedarf)

 

Meetingroutinen

Für Meetings hat es sich zudem bewährt, folgende Routinen zu etablieren:

  • Check-in zu Beginn: Ankommen, Arbeitsfähigkeit aller Beteiligten sichern
    Fokus auf Agenda und Ergebnis herstellen, ggfs. Erwartungen klären
  • Review am Ende: gemeinsame Betrachtung und Bewertung des Arbeitsergebnisses
  • Retrospektive am Ende: gemeinsame Betrachtung und Bewertung der Zusammenarbeit

Diese Abfolge eines Meetings unterstützt wesentlich die Fokussierung der Teilnehmer und die Weiterentwicklung und Optimierung des Meetings im Sinne der Anforderung

 

Christian Fust und Johannes Ries