Culture Transformation Design

In der Begleitung von Organisationen und Führungskräften begegnen wir seit Jahren einem starken Bedürfnis, Veränderungen mit einem einfachen System oder entlang eines Standardprozesses zu managen. Bisher begegneten wir diesem Bedürfnis mit der Aussage, dass sich Veränderungsprozesse nur dann erfolgreich beherrschen lassen, wenn sie in Ablauf und Steuerung an die spezifischen Themen des Veränderungsprojekts und den individuellen Charakter der Organisationskultur angepasst werden – und dies steht im Widerspruch zu einem einfachen System oder Standardprozess.

Wir stehen weiterhin zu dieser Aussage. Veränderung und Transformation sind zu komplex, um sie mit einfachen Steuerungsinstrumenten zu managen. Jedoch haben wir mit dem Culture Transformation Design System nun ein Tool konzipiert, das durch agile Modularisierung den Komplexitätsgrad von Transformationen abbilden kann und mit dem sich das individuelle Transformationsdesign für Veränderungsprojekte schnell, ganzheitlich und doch „abgesichert“ entwickeln lässt.

Culture Transformation Design unterscheidet zwischen vier Transformationsdimensionen, innerhalb derer unterschiedliche Planungselemente modular zusammengestellt werden können:

1. Transformation Targets

Zunächst muss der Fokus und die Ziele der Transformation klar eingestellt werden – auch um zu klären, wie tief die Transformation in die Kultur der Organisation eingreift. Zu klären ist, ob und in welchen Umfängen sich in folgenden Punkten etwas verändern soll:

  • Artefakte: Welche Veränderung soll auf der materiellen Ebene der Organisation stattfinden (z.B. Raumdesign / Büroarchitektur, Kleiderordnung, Handwerkszeuge)?
  • Verhalten: Wo werden Veränderungen in konkreten Handlungs- und Verhaltensweisen der Mitarbeitenden erwartet? (z.B. Prinzipien und Regeln der Führung, Zusammenarbeit, Kommunikation)
  • Struktur: Wo soll sich in Bezug auf Aufbau und Form der Organisation etwas verändern? (z.B. Organigramm, Abteilungszuschnitt, Wertstrom, Prozesse)
  • Interaktion: Wo wird in der Beziehungsgestaltung unter den Mitarbeitenden Veränderung angestrebt? (z.B. implizite Regeln der Führung, Zusammenarbeit, Kommunikation)
  • Mindset: Wo sollen Mitarbeitende in ein anderes Denken kommen und neue Werte verinnerlichen? (z.B. Glaubenssätze, Identität, Menschenbild, Weltbild)

2. Transformation Logics

In einem nächsten Schritt muss überlegt werden, nach welcher Logik die Transformation gestaltet werden soll. Die Wahl der Logik ist stark abhängig davon, wie schnell die Veränderung umgesetzt werden soll/muss (Zeitdruck) und wie stark Mitarbeitenden in die Gestaltung der Veränderung eingebunden werden können (Partizipationsgrad).

  • Disruptive Logik: Eine disruptive Transformationslogik bietet sich meist an, wenn unter hohem Zeitdruck agiert werden muss und nur ein geringer Partizipationsgrad möglich ist. Die Transformation wird dann „revolutionär“ angelegt und die zu erwartende heftige Reaktion der Mitarbeitendenschaft mit einer intensiven Begleitung integriert werden.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Diese Transformationslogik kann ihre Vorteile bei hohem Partizipationsgrad und niedrigem Zeitdruck ausspielen. Sie gestaltet Veränderung als evolutionären Prozess, in dem auf breiter Basis tagtäglich Schritt für Schritt Zukunftsfähigkeit gestaltet wird.
  • Iterative Logik: Neben den beiden oben beschriebenen „klassischen“ Transformationslogiken machen wir gute Erfahrung mit iterativ angelegten Veränderungsprojekten, in denen (agilen Prinzipien folgend) die Vorteile der beiden anderen Transformationslogiken gleichzeitig wirksam gemacht werden können. Eine iterative Logik kann unter hohem Zeitdruck schnell wirksame Ergebnisse erzielen, bedarf jedoch eines hohen Partizipationsgrads.

3. Transformation Impulses

Eine dritte Dimension des Transformationsdesigns legt den Ausgangspunkt der Veränderung und wie Richtung der Wirkung fest. Hier wird quasi festgelegt, von welchem Ort aus die Transformation angeschoben wird und wie sie sich verstärken soll.

  • Top-Down: Ein Top-Down-Impuls setzt klassischerweise darauf, dass die Veränderung „von oben“ (d.h. von den ranghöchsten Führungskräften) gestartet wird und (oft durch Positionsmacht verstärkt) hierarchisch „nach unten“ in die Organisation ausgerollt wird.
  • Bottom-Up: Umgekehrt wird mit einem Bottom-Up-Ansatz „an der Basis“ vorhandene Veränderungsenergie gesammelt und so unterstützt, dass sie sich „nach oben“ in die Organisation entfalten kann.
  • Cross-Organisational: Eine Veränderung kann jedoch auch an beliebiger Stelle in der Organisation gestartet werden und dann chancenorientiert über Hierarchie- und Funktionsgrenzen hinweg in die Organisation hineinwachsen bzw. -skaliert werden.

4. Transformation Approaches

Schlussendlich muss entschieden werden, mit welchem Grundansatz die Transformation in der Organisation gestaltet werden soll. Aus unserer Erfahrung haben sich sieben Ansätze bewährt. Alle haben eigene Vorteile und bedürfen bestimmter Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein.

  • Pioneering: Dieser Ansatz wird oft auch als Pilotieren beschrieben. Innerhalb der Organisation wird eine kleine Gruppe „losgeschickt“, um im Kleinen die Transformation zu vollziehen und dabei Erfahrungen zu sammeln. Im Erfolgsfall können „Nachzügler“ nachgeschickt werden.
  • Greenfield: Hier wird ebenfalls einer kleinen Gruppe die Möglichkeit gegeben, für sich in einem radikalen Neuanfang die Transformation schnell zu vollziehen, jedoch außerhalb der Organisation (z.B. Ausgründung) bzw. des für alle anderen verbindlichen Rahmens (z.B. klar abgegrenzte Unternehmenseinheit).
  • Farming: Der Farming-Ansatz zielt auf eine „monokulturelle“ Transformation in der Organisation ab. Hierzu einigt man sich auf klar beschriebene Veränderungsinitiativen, die gleichzeitig in der gesamten Organisation konsequent implementiert werden.
  • Gardening: Im Gegensatz dazu setzt der Gardening-Ansatz auf eine „mulitkulturelle“ Transformation. Auf Basis eines geteilten Mindsets und klar vereinbarter Interaktionswerte werden überall in der Organisation unterschiedliche Veränderungsinitiativen mit individuellen Zeitplänen und Designs gestartet und umgesetzt.
  • Acculturation: Während die oben beschriebenen Ansätze innerhalb der Organisation umgesetzt werden, kann auch durch gezielten Kontakt mit einer anderen Kultur quasi von außen Veränderung ins Unternehmen gebracht werden (z.B. Merger & Acquisitions, gezielte Einstellung von Mitarbeitenden, Vernetzung, Partnerschaften).
  • Learning & Education: Zentral und in vielen Veränderungsprojekten essentiell unterstützend wirkt der Befähigungsansatz, mit dem Mitarbeitenden ganzheitlich die notwendigen Fähigkeiten vermittelt werden, um den Transformation Targets entsprechend neu agieren zu können.
  • Initiation: Transformation kann auch im Fokus auf den*die Einzelne*n in der Organisation gestaltet werden. In einem Initiationsansatz wird Mitarbeitenden die Möglichkeit geboten, sich persönlich bzw. gemeinsam zu verändern – im Vertrauen darauf, dass sich dann auch die Organisation signifikant verändern wird.

Mit dem Culture Transformation Design System kann die Grundarchitektur eines Veränderungsprojekts zügig und gleichzeitig ganzheitlich skizziert werden, indem die einzelnen Module sinnvoll kombiniert und dann weiter ausgeplant werden. Hierbei ist wichtig, dass die einzelnen Module nicht exklusiv wirken, sondern auf allen Ebenen Kombinationen bzw. die parallele Nutzung von Logiken, Impulsen und Ansätzen sinnvoll sein kann.

Für die detaillierte Ausplanung nach der Planung mit dem Culture Transformation Design System empfehlen wir dann die Nutzung des ebenfalls von uns entwickelten Transformation Canvas.

Hier stellen wir sowohl eine Übersicht über as Culture Transformation Design System als auch ein Transformation Canvas und ein Culture Intervention Canvas als Downloads zur Verfügung.

Johannes Ries und Christian Fust